Get to know: Dr. Jochen Brandhoff – live von der Legal Revolution 2023

Von

Nicolas Bodenschatz

Allgemein-Get To Know-Legal Tech
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Dr. Jochen Brandhoff ist Rechtsanwalt und Gastgeber der größten europäischen Kongressmesse für Recht und Compliance, der Legal Revolution. Als Kooperationspartner der Legal Revolution 2023 in Nürnberg hatte ML Tech die Gelegenheit, ihn für ein Interview live auf der Messe zu treffen. Um nicht mit leeren Händen zu kommen, haben wir für Jochen ein Gedicht schreiben lassen: 

Jochen Brandhoff, ein Mann im Rechtsgenie,

Auf Legal-Tech setzt er voller Harmonie,

Mit Blick auf Zukunft und Innovation,

will er die Branche revolutionieren mit neuer Vision.

Die Messe wird zur Bühne für sein Talent,

als Rechtspionier der Technologie rennt.

Legal-Revolution, ein Fest für alle,

mit Jochen Brandhoff als Gastgeber im Rechts-Knalle!

Lieber Jochen, schön, dass wir live auf der Legal Revolution 2023 sprechen können. Vor dem Hintergrund des obigen „Rechtsknalls“: Ist Chat-GPT in deinen Augen ein Hype oder auch in der Rechtsbranche von großer Tragweite?

Goethe hätte es nicht besser sagen können! Chat-GPT ist bestimmt von großer Tragweite. Wir wissen ja, die Technik dahinter ist gar nicht so revolutionär, was revolutionär ist, ist die Geschwindigkeit, mit der Chat-GPT Antworten gibt. Die qualitative Bandbreite ist riesig, insofern muss man letztlich Fachmann sein, um Chat-GPT ideal zu nutzen. Aber aus meiner Sicht ist Chat-GPT schon ein Game-Changer. 

Wir haben auch einige Versuche gebraucht, bis etwas Passables herausgekommen ist. Wir finden das Gedicht ist gar nicht schlecht, aber es schleichen sich dann eben solche Besonderheiten ein wie der „Rechts-Knalle“. Vielleicht schafft es dieser über Chat-GPT sogar noch in die Rechts-Lingo.

Ja man fragt sich immer, welche statistischen Daten dafür sorgen, dass so etwas zustande kommt.

Ich habe mal eingegeben – genauer genommen, habe ich es einmal nachvollzogen, es ist mir gesagt worden – „Wie viele Paragraphen hat das BGB?“, das ist ja eine ganz leichte Frage, zumal es unendlich viele Quellen dazu geben sollte, aber die Antwort war grottenfalsch. Erst als dann der Frager immer tiefer eingestiegen ist, nach den Quellen gefragt hat und gesagt hat: „Aber es können ja nicht nur 133 Paragraphen sein, denn es gibt doch § 823 BGB, als sehr wichtigen deliktischen Anspruch“, hat dann irgendwann Chat-GPT gesagt „Verzeihung, ich habe mich die ganze Zeit vertan, es sind 2385“.

Zurück zur Legal Revolution: Sie ist die größte Messe Europas für Recht und Compliance, wie viele Monate Arbeit und Vorbereitung stecken dahinter?

Eigentlich sollten hinter einer guten Messe, mehr als zwölf Monate Vorbereitung stecken. Wir hatte dieses Mal, weil die Pandemie einfach keine Prognose erlaubt hat, nur sechs Monate. Wir hätten eigentlich noch viel mehr entwickeln wollen, aber das Ergebnis von sechs Monaten Arbeit gefällt uns sehr, also das was wir hier, heute und morgen, sehen.

Die letzte Legal Revolution war 2019, wie haben sich innerhalb dieser vier Jahre inhaltlich die Schwerpunkte der Messe verändert?

Wir sind eine Rechtsmesse und da Messen mit der Innovation in der jeweiligen Branche zu tun haben, sind wir auch automatisch eine Legal-Tech-Messe. Und unsere vier Schwerpunkte sind seit 2017 unveränderlich: Legal Tech, aber auch Legal Management, denn die Innovation liegt häufig erst im zweiten Schritt in der Software und im ersten Schritt in der Veränderung von Prozessen, in der Verbesserung der Entscheidungen, in der Verbesserung des Managements. Darum ist auch Legal Management ein wichtiges Thema für uns. Zudem Compliance Management, weil wir vor allem auch Wirtschaftskanzleien und Rechtsabteilungen, also Unternehmen, ansprechen und Compliance und Recht dort gleich wichtig sind. Das vierte Thema ist das Recht der digitalen Wirtschaft, als einziges materiell-rechtliches bzw. mit positivrechtlichem Bereich der Legal Revolution und da hat sich 2023 nicht viel verändert. 

Wir wollten vor allem sagen: „Wir sind wieder da, wir wollen wieder die erste Leitmesse für Recht und Compliance werden für Europa“. Das ist die Hauptbotschaft und daran haben wir inhaltlich gar nicht viel verändert. Außer dass wir natürlich den Messestandort gewechselt haben, wir sind in der Nürnberg-Messe jetzt und in Bayern und sind sehr zufrieden mit der Hilfe, die uns das bayerische Justizministerium hat angedeihen lassen, als auch mit der Zusammenarbeit mit der Messe Nürnberg.

Ist es vor allem die Unterstützung durch das Bayerischen Justizministerium, dass die Messe nach Bayern hat wechseln lassen? 

Das ist eine gute Frage. Unternehmer müssen immer so viel in Vorleistung gehen und wenn dann ein Part jahrelang unterstützt, ohne zu fragen, was er dafür bekommt, dann ist man einfach dankbar dafür und das hat Bayern schon von Anfang an gemacht. Bayern hatte die Legal Revolution sogar unterstützt als wir noch in Hessen waren, insofern muss man sagen, sind wir tatsächlich nach Nürnberg gewechselt, ohne große Versprechen, außer das die Kooperation mit der Nürnberg-Messe sehr fair gelaufen ist. 

Erst nach dem Wechsel sagte Staatsminister Eisenreich: „Ah Ihr seid jetzt ja wirklich nach Bayern gekommen, so wie wir es ja auch mal überlegt hatten und jetzt würden wir gerne mit Euch zusammenarbeiten, für uns ist Digitalisierung sehr wichtig und da ist Legal Revolution genau die richtige Plattform dafür“ und dann hat das Justizministerium wirklich Wort gehalten, wir sind damit sehr glücklich.

Legal Tech hat großes unternehmerisches Potential vor allem auch für kleinere Einheiten. Was ist ihre Einschätzung zur deutschen Startup-Landschaft im Legal-Tech-Bereich?

Der Startup-Markt wächst, der Legal-Tech-Markt wächst, die Untersuchungen sind sich einig, dass der Legal Spend von Wirtschaftskanzleien, Rechtsabteilungen, Compliance-Abteilungen in den nächsten Jahren stark zunehmen wird. Die Bandbreite der Schätzungen reicht von 5,5% bis zu einer Zunahme von 24%. Auf jeden Fall wird er sich erhöhen, das ist natürlich für Legal-Tech-Startups sehr gut, gleichwohl ist es auch nicht einfach. 

Der Rechtsmarkt ist schon ein schwieriger Markt, Entscheidungsprozesse bei Anwaltskanzleien und auch bei Rechtsabteilungen und Compliance-Abteilungen und Staatsabteilungen, sind komplizierter als in anderen Branchen. Es gibt das eine oder andere Legal-Tech-Startup, das ein tolles Produkt hat, aber trotzdem nicht ganz durchdringt, weil es nicht ausreicht, leider. Man sollte ja meinen ein gutes Produkt reicht aus, Qualität setzt sich irgendwann durch, aber es muss schon alles stimmen, insbesondere auch das Marketing, der Betrieb, das Team, die Verwaltung – bis das zusammenkommt dauert es. Und insofern denke ich, dass Legal-Tech-Startups in dieser ganzen großen Welt des Rechts und der Compliance die herausforderndste Aufgabe haben. Und ja, es gibt nichts Schöneres als ein erfolgreiches Legal-Tech-Startup zu haben, aber das ist harte Arbeit.

Wenn Du dich aus unternehmerischer Perspektive in uns Studierende hineinversetzt, wie würdest du dich schon während der Ausbildung möglichst gut platzieren, um nach zwei Examina dann auch wirklich durchzustarten?

Ich meine, ein Tröstliches hat es ja, dass die Examensnoten tendenziell jedes Jahr eine ganz klein wenig geringere Rolle spielen und so wie die Noten zusammenkommen, kann man ja auch froh darüber sein. Auf der anderen Seite reformiert sich die Ausbildung langsam, da ist Bayern ja ein Vorbild. Es gibt auch beispielsweise in Passau und Regensburg schon L.L.M.-Programme im Bereich Legal Tech. Das ist natürlich toll und das ist auch wichtig, aber das sind auf der anderen Seite auch positive Ausnahmebeispiele. 

Insgesamt muss man sich fragen, ob sich die Ausbildung ausreichend schnell verändert. Und wenn man sich jetzt auch die Diskussion um Chat-GPT anhört – kann man Chat-GPT verändern? Natürlich nicht. Die Frage ist, wie man mit Chat-GPT in der Ausbildung umgeht – das ist hier die Fragestellung und da muss man sich hier und da schon fragen, ob die Ausbildung Schritt hält. Und was macht der Jurastudent, der nun mal in der Ausbildungsordnung steckt, die teilweise seit Jahrzehnten fixiert ist? Ich verstehe schon, wenn er vor allem nach examensrelevanten Inhalten guckt – es ist immer noch das Denken in Anspruchsgrundlagen, die Subsumtion – und erst in zweiter Linie guckt, ob er auch das richtige Praktikum hat, ob er sich auch um außerrechtliche Bereiche kümmert. Gleichwohl muss man sagen, immer mehr gute Arbeitgeber, auch große Kanzleien, auch große Rechtsabteilungen und vor allen Dingen auch die Welt außerhalb der Rechtsabteilungen und größeren Kanzleien achten schon darauf, ob der Jurist, also ob der Bewerber, mehr als nur die Subsumtion kann und von daher ist es natürlich schon meine Empfehlung, auch weil es das ganze Studium reicher macht und abwechslungsreicher, zu gucken, ob er nicht irgendwie in die Ausbildung Legal Tech integrieren kann oder eventuell auch durch Praktika und durch sonstige Stationen zeigen kann, dass er mehr als die Subsumtion gelernt hat. 

Auf deiner anwaltlichen Seite steht, dass Du im Recht der erneuerbaren Energien berätst, wie bekommen wir denn Law & Tech verstärkt für die Beschleunigung der Energiewende genutzt?

Ja, das sind zwei große Themen. Das Klimathema ist vielleicht noch größer als Legal Tech, man muss wohl sagen, so langsam nimmt es endlich an Fahrt auf, aber immer noch ist es zu wenig, wenn man sieht, was uns beim Klimawandel bevorsteht. Es gibt schon erste Versuche, um rechtliche Ansprüche gegen den Staat auf klimagerechtes Handeln herzuleiten. Spannend, juristisch aber wohl nicht so leicht. Aber da kann Legal Tech, weil ja Legal Tech das Recht effizienter macht, vielleicht etwas machen. Ansonsten, denke ich, dass sich alle Juristen für den Klimawandel einsetzen sollten, weil das ein riesig großes Thema ist. Wenn ihnen durch die Erhöhung der Effizienz dank Legal Tech mehr Zeit bleibt, ist das vielleicht die beste Verbindung.

Du bist in Mailand aufgewachsen, verfolgst Du den italienischen Legal Tech Markt?

Ein bisschen. Italien ist im Moment noch ein relativ klassischer Rechtsmarkt, sodass der Legal Tech Markt weniger ausgeprägt ist. Das ändert sich aber auch langsam. In Italien liegen z.B. die Chancen in der Modernisierung der Justiz. Wir werden das im nächsten Jahr sehen, weil wir vorhaben, Italien als das erste Partnerland für die Legal Revolution 2024 auszurufen. Und da werden wir den italienischen Legal-Tech-Markt genauer kennenlernen.

Darauf freuen wir uns sehr! Vielen Dank für deine Eindrücke und deine Zeit.

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